Reininghaus – warum ein neuer Grazer Stadtteil das Potential zum Vorzeigebezirk hat

Jul 18, 2021 | Wissenswertes

Reininghaus – mehr als nur ein Bier

Wer heutzutage mit dem Begriff Reininghaus konfrontiert wird, denkt vermutlich schnell an Bier. Diese Assoziation ist auch nicht verwerflich, schließlich ist die geschichtsträchtige Brauerei Reininghaus in Österreich seit langer Zeit für ihre Kreation aus Hopfen und Malz bekannt. Bereits im Mittelalter befand sich am Areal der heutigen Reininghausgründe in Graz eine Brauerei, welche im 19. Jahrhundert von den Brüdern Reininghaus gekauft wurde. Die Erfolgsgeschichte – eine florierende Firma mit 700 Mitarbeitern, Fortschrittlichkeit im sozialen Bereich wie auch im Immobiliensektor, herausragendes Engagement für Frauen und die Grazer Stadtentwicklung – erlitt erst im Zweiten Weltkrieg durch die erzwungene Emigration der Familie Reininghaus und schwere Beschädigungen der Brauerei einen Dämpfer. Dank einer Fusion im Jahr 1943 konnte sich die Marke Reininghaus am neuen Produktionsort Puntigam erholen und erfreut sich auch noch heutzutage großer Beliebtheit.
Dass sich auf den Reininghausgründen aber noch viel mehr Möglichkeiten auftun, als nur ein kühles Blondes zu trinken, ist aufmerksamen BeobachterInnen in den letzten Jahren sicher nicht entgangen.

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Mammutprojekt

Tatsächlich entsteht hier auf einem 54 Hektar großem Gebiet etwas Großes. Fast unvorstellbar, dass sich eine Fläche dieses Ausmaßes, die keine zwei Kilometer vom Grazer Hauptplatz entfernt ist, als nahezu unbebautes Land in der doch gut besiedelten zweitgrößten Stadt Österreichs befindet. Nach unterschiedlichsten unerfolgreichen Anläufen, dieses Gebiet zu nutzen, fiel 2013 der Startschuss für die neuen Reininghausgründe – ein Bauprojekt mit 20 Baufeldern oder auch Quartieren konnte dank neuem Flächenwidmungsplan konkret ins Auge gefasst werden. Dabei wurde besonderes Augenmerk auf einen guten Ausgleich zwischen Wohnmöglichkeiten, Freizeit in Form von Grünflächen oder Sporteinrichtungen, Gewerbe und Nahversorgung gelegt. Dieses Verhältnis soll durch ausgeklügelte, baufeldübergreifende Koordination der 17 Bauträger gelingen. Man kann sich also vorstellen, dass im Vorfeld für das riesige Unterfangen viele Gespräche geführt wurden. Eine eigene Charta für Reininghaus wurde dabei angefertigt, um die gesammelten Gedanken und Ideen festzuhalten.

Für ca. 10000 Personen sollen die Reininghausgründe bis 2025 zum neuen Zuhause werden, 5000 neue Arbeitsplätze werden dank dieses Projektes ebenso geschaffen. Die ersten neuen BewohnerInnen konnten im Jahr 2020 schon ihre Wohnung beziehen.  

Die neue Stadt in der Stadt

Die neuen Reininghausgründe wollen eine „Stadt der kurzen Wege“ sein – sprich: Alles soll schnell und zu Fuß erreichbar sein. Was ist nun aber dieses alles? Was braucht ein neuer Stadtteil, um seinen BewohnerInnen eine möglichst hohe Lebensqualität zu ermöglichen?

  • Einrichtungen für Kinder und Jugendliche: Reininghaus bekommt ab dem Schuljahr 2022/23 eine eigene Volksschule sowie ein Schuljahr später auch eine höher bildende Schule. Für Kinderbetreuungseinrichtungen wie zum Beispiel Kindergärten und Kinderkrippen ist bereits jetzt gesorgt. Der FH-Campus Graz West rundet das Bildungsangebot in Reininghaus im Sektor der universitären Weiterbildung
  • Geschäfte und Nahversorger: Ob Supermarkt, Bäckerei, Kaffeehaus, Restaurant oder sogar Tischlerei – das alles und noch viel mehr findet sich in den Reininghausgründen quasi ums Eck.
  • Kulturangebote: Zu den kulturellen Highlights zählt die denkmalgeschützte Tennenmälzerei, das Gebäude, in dem einst aus Braugetreide Malz hergestellt wurde. Sie stellt das Kulturzentrum des Stadtteils dar. Die Helmut-List-Halle, welche schon länger als Austragungsort kultureller Veranstaltungen dient, befindet sich auch nur einen Katzensprung entfernt.
  • Infrastruktur in Form von öffentlichen Verkehrsmitteln: Dafür sorgt der Ausbau der Straßenbahnlinie 4, die ab Herbst 2021 bis zu den Reininghausgründen fahren soll. Die Buslinien 62 und 66 ergänzen dieses Angebot noch.

Von anderen Stadtteilen, die auch durch Angebote in vielerlei Hinsicht und hervorragende Infrastruktur punkten, versucht man sich in den Reininghausgründen abzuheben. Und zwar dadurch, dass man schon in der Konzeption darum bemüht ist, dem Stress und der Schnelllebigkeit, die das Stadtleben mit sich bringen können, einen Riegel vorzuschieben. Der Fokus soll auf Genuss und Ruhe gelegt werden, auf Werte, die normalerweise eher mit ländlicheren Gebieten assoziiert werden.

Der Grünraum in der Stadt

Das klingt bisher zweifelsohne ansprechend. Es stellt sich aber die Frage, wie das mit dem Genuss, der Entspannung und Entschleunigung konkret funktionieren soll. Reininghaus hat sich nämlich nicht nur zum Ziel gesetzt, eine Stadt der kurzen Wege, sondern auch eine Stadt mit hoher Lebensqualität zu sein.

Um diesen motivierten Plan zu realisieren, wird mitunter auf die besonders grüne Gestaltung der Reininghausgründe gesetzt. So ist der Reininghauspark mit seinen gewaltigen 3 Hektar Grünfläche neben einem 1,2 Hektar großen Bezirkssportplatz als grünes Herz des Projektes zu sehen. Außerdem sollen ausreichend Frei- und Grünflächen geschaffen werden, um trotz der Lage nahe dem Stadtzentrum keine typische, hektische und gedrängte Stadtatmosphäre einziehen zu lassen.

Neben Grünflächen soll eine gewisse Entschleunigung auch durch viele autofreie Zonen forciert werden. Geparkt wird überwiegend unterirdisch. Wer nicht auf ein eigenes KFZ setzt, hat die Möglichkeit des Car Sharings, der Nutzung von E-Taxis oder kann besonders kostengünstig auf den öffentlichen Verkehr ausweichen. Im ersten Jahr kann pro neubezogene Wohnung eine Jahreskarte für die öffentlichen Verkehrsmittel zu einem Zehntel des regulären Preises erworben werden.

Dass sich dieser Zugang nicht nur auf das Landschaftsbild des neuen Bezirks, sondern auch positiv auf die Umwelt auswirkt, liegt auf der Hand. Generell macht das Projekt den Eindruck, als würde großer Wert auf Nachhaltigkeit gelegt werden. 900 Bäume werden beispielsweise neu gepflanzt, bereits bestehende Baumbestände werden so gut wie möglich umgepflanzt, um so Naturraum zu schützen und zu erhalten und dadurch auch Altes ins Neue zu transferieren. Derselbe Gedanke wird beim sogenannten Urban Mining fortgeführt, bei dem alte Bausubstanz nicht entsorgt, sondern wiederverwendet wird.

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Das Soziale in der Stadt

Aber kommen wir noch einmal zurück zur Lebensqualität.

Eine Stadt oder auch ein Stadtteil lebt von Begegnungen, vom Miteinander, von Diversität und Gemeinsamkeiten. Lebensqualität entsteht somit nicht nur durch schnell erreichbare Geschäfte und einen ruhigen Ort, an dem Kraft getankt werden kann, sondern auch durch Möglichkeiten, zusammenzukommen und gemeinsam etwas zu erleben, sich mit anderen Menschen zu umgeben und zu verbinden.

Häufig wird der Wohnort Stadt mit Anonymität in Verbindung gebracht. Man wohnt möglicherweise mit unzähligen Parteien im selben Haus und kennt dabei seine eigenen unmittelbaren Nachbarn nicht. Dies soll hier nicht passieren: Um Menschen miteinander zu vernetzen, setzt das Stadtteilmanagement auf regelmäßige gemeinsame Stadtteil-Spaziergänge oder Stadtteil-Cafés. Auch Führungen von Archäologen für Interessierte, Filmabende sowie Ausstellungen und Workshops werden unter anderem angeboten. Ein mehrtägiges Stadtteilfest – Das Super Sommer Reininghaus – mit Essen, Bands, Kinderprogramm, einem eigenem Tauschmarkt und vielem mehr stellt dabei sicherlich einen Höhepunkt der Veranstaltungen dar. Alle genannten Ansätze haben dabei das Ziel, Menschen zusammenzubringen und den Diskurs mit NachbarInnen oder auch anderen Leuten anzuregen.

Neben den genannten regelmäßigen Veranstaltungen punktet der neue Stadtteil auch durch seine Nähe zu Grazer Institutionen wie dem Sport- und Wellnessbad Auster oder dem Schloss Eggenberg. Das Mirror, ein innovatives Grazer Bauprojekt, befindet sich ebenso im Bezirk. Wer gern einfach eine Runde zu Fuß oder mit dem Rad dreht, der profitiert von den zahlreichen nahegelegenen Rad-, Fuß- und Wanderwegen.

Um für möglichst viele Personen ein schönes neues Zuhause sein zu können, ist Barrierefreiheit in den Reininghausgründen ein großes Thema. Gemeinschaftsflächen und ein Viertel aller zur Miete oder zum Kauf angebotenen Wohnungen sind so gestaltet, dass sie auch von Menschen mit besonderen Bedürfnissen problemlos genutzt werden können. 

Dass Kultur seit jeher in Reininghaus großgeschrieben wird, lässt sich nicht nur davon ableiten, dass La Strada, das Internationale Festival für Straßen- und Figurentheater in Graz, Reininghaus bisher neun Mal zum Thema seiner Aufführungen gemacht hat. Es existiert weiters eine große Anzahl an Projekten, die sich mit der Geschichte der Familie Reininghaus, ihren Werten in der Vergangenheit und ihrer Auswirkung auf die Gegenwart auseinandersetzt.

Das Emilie

Nach Emilie Reininghaus (1838 – 1887), der Frau von Julius Reininghaus, einem der zwei bekannten Brüder Reininghaus, wurde ein Bauprojekt in den neuen Reininghausgründen benannt. Emilie war bekannt für ihre warme und freundlich Art, sie legte Wert auf Tüchtigkeit, noch viel mehr aber auf Menschlichkeit und Charakter. Mit ihrem Mann setzte sie sich unter anderem durch eine eigene Stiftung für sozial benachteiligte (Schul-)Kinder ein.

Es bietet sich an, einer so bemerkenswerten Frau Tribut zu zollen und der Nachwelt ein Bauwerk, das an sie erinnert, zu hinterlassen. An der Parkpromenade in Reininghaus entsteht als Das Emilie – ein Gebäudekomplex, bestehend aus 245 Mietwohnungen mit Balkonen, die es ihren BewohnerInnen erlauben, die Aussicht ins Grüne zu genießen.

Mit derartigen Ansätzen gelingt es auch hier, einen neuen Stadtteil zu erschaffen und dabei Altes ins Neue mitzunehmen.

Zur Website von “Das-Emilie”

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Quo vadis? – Wo geht die Reise hin?

Es ist schon ungewöhnlich, dass ein ganzer Stadtteil auf einmal entsteht. Im Gegensatz zu anderen (nämlich den meisten) Grazer Strukturen, die sich mit der Zeit entwickelt haben, besteht hier ein deutlicher Vorteil darin, durch gezielte Überlegungen und gekonnte Umsetzung einen stimmigen neuen Stadtteil auf die Beine zu stellen, der auf sozialer, ökologischer und ökonomischer Ebene ganz dem Zeitgeist entspricht. Die Verantwortung liegt aber, wie man fälschlicherweise annehmen könnte, nicht ausschließlich bei den Bauträgern und den Zuständigen von Stadt und Land. Nur weil ein Bezirk neu bebaut wird, bedeutet dies auch nicht, dass dieser sich nicht erst entwickeln muss.

In den Reininghausgründen bietet sich aufgrund dieses Zustands die beinahe einmalige Möglichkeit, einen neuen Bezirk mitzuprägen –  als BewohnerIn, als ArbeitnehmerIn, als ArbeitgeberIn oder auch als BesucherIn. Jeder, der sich einbringt, entscheidet, wo die Reise hingeht und wofür Reininghaus in einigen Jahren stehen wird. Ob und wie stark der Einfluss der Nachbarbezirke – des belebten Gries, des kulturellen Eggenbergs oder des eher ländlich anmutenden Wetzelsdorfs – eine wesentliche Rolle spielen wird, wird sich mit der Zeit zeigen.

Was aktuell wahrzunehmen ist, ist ein frischer Wind, der durch Graz weht. Junges Land wartet darauf von begeisterungsfähigen Menschen erobert zu werden.

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