Das neue Wohnungseigentumsgesetz 2022

Was ist neu im Jahr 2022?
Schön, dass wir uns an dieser Stelle lesen! Hoffentlich hatten Sie auch einen gelungenen Jahresstart und blicken dem Jahr 2022 mit Zuversicht entgegen. Mit dem Jahreswechsel hat sich nicht nur die Zahl ganz hinten geändert – dort, wo man sich eventuell noch das ein oder andere Mal in den kommenden Monaten irren wird, wenn es darum geht, Datum und Uhrzeit einzutragen. Das Jahr 2022 bringt auch viele andere Neuheiten mit sich.
So hat sich neben Parkzonen-Einteilungen, Steuersätzen, Plastiksackerlverbot und Batterieverordnungen auch im Wohnungseigentumsgesetz – kurz WEG genannt – etwas getan: Es gibt eine Novelle mit dem klingenden Namen WEG-Novelle 2022. Was sie enthält? An dieser Stelle sollten wir kurz zurückschauen, um festzustellen, was denn ihre Basis, das WEG, überhaupt ist.
Das Wohnungseigentumsgesetz (WEG)
Im WEG geht es – was Sie nun nicht sehr überraschen dürfte – um das Eigentum von Wohnungen. Eine Wohnung zu besitzen, klingt für uns nun möglicherweise klar und simpel, ist aber tatsächlich an einige juristische Bedingungen gekoppelt. So wird im WEG geregelt, wie es denn zum Eigentum kommt – sprich Voraussetzungen für den Erwerb, die Begründung von Wohnungseigentum, der Prozess des Erwerbs an sich und in weiterer Folge auch, welche Rechte und Pflichten das Wohnungseigentum für die Eigentümer:innen mit sich bringen. Ebenfalls spielen verwaltungstechnische Aspekte im WEG eine wichtige Rolle.
Wozu braucht es ein WEG?
Sie fragen sich nun, warum das alles notwendig ist? Zunächst einmal sind genormte Verträge unumgänglich, wenn es darum geht, sich seines Eigentums sicher sein zu können und außerdem sind gerade in Wohnanlagen, die (wie das in den meisten Fällen eben so ist) von mehr als einer Person bewohnt werden, Abgrenzungen und klare Regeln vonnöten, um die Basis für ein harmonisches Miteinander und einen entspannten Alltag zu schaffen. Ergo: Wo viele Menschen wohnen, zahlt es sich aus, von Anfang an klare Verhältnisse zu schaffen.
Die WEG-Novelle 2022
Klare Verhältnisse müssen auch vor allem dann gelten, wenn es darum geht, dass Veränderungen an der Wohnung vorgenommen werden sollen, die auch andere Bewohner:innen der Wohnanlage betreffen. Bisher galt es bestimmte Änderungen (sogenannte privilegierte Änderungsmaßnahmen) an der eigenen Wohnung mit allen Miteigentümer:innen abzuklären – diese Unterfangen dürfen für eine legale Umsetzung keine einzige Gegenstimme bekommen. Ein Beispiel: Wollte man eine Ladestation für sein E-Auto installieren, musste dem Vorhaben von allen Miteigentümer:innen zugestimmt werden. Besagte Ladestationen waren auch medial der große Aufhänger des letzten halben Jahres, wenn über die WEG-Novelle 2022 berichtet wurde. Immer mehr Menschen besitzen E-Autos und brauchen folglich auch in ihrem Heim eine Möglichkeit, dieses aufzuladen. Das WEG sah bis zur Novelle 2022 vor, dass alle Miteigentümer:innen aktiv aufgesucht, in Kenntnis gesetzt und um deren Zustimmung gebeten werden musste, was besonders in großen Wohnanlagen ein zeitraubendes und mühsames Unterfangen sein konnte. Neu ist nun, dass Miteigentümer:innen, die binnen zwei Monaten nach schriftlicher Anzeige der geplanten Änderung keinen Widerspruch einlegen, dem Plan automatisch zustimmen. Somit werden Vorhaben wie beispielsweise das Anbringen einer Photovoltaik-Anlage, die Installation einbruchsicherer Türen, barrierefreie Installationen und Umbauten sowie Beschattungsanlagen nicht mehr dadurch gebremst, dass ein:e Nachbar:in möglicherweise schwer anzutreffen ist.
Ein weiterer Punkt der Novelle betrifft die Beschlussfassung eines Mehrheitsbeschlusses, welcher bei Wohnungseigentümerversammlungen vonnöten ist. Bisher mussten für einen solchen Mehrheitsbeschluss mehr als 50 Prozent der Miteigentumsanteile für etwas stimmen. Auch hier war häufig das Problem, dass einige Miteigentümer:innen nicht an Versammlungen teilnehmen wollten oder konnten und damit Beschlüsse blockierten. In der WEG-Novelle 2022 ist nun verankert, dass es genügt, wenn zwei Drittel für etwas stimmen werden, sofern diese zwei Drittel mindestens einem Drittel der Miteigentumsanteile entspricht.
Ein für Wohnungsbesitzer:innen wichtiger Punkt in den Neuerungen des WEG ist die Normierung der Rücklage, auch als Mindestrücklage bezeichnet, welche von Seiten der Hausverwaltung monatlich eingehoben und für Instandhaltung und Verbesserungen genutzt wird. Diese Rücklage ist nicht neu, bis zum Inkrafttreten der Novelle wurde sie allerdings mit der Verwaltung vertraglich individuell vereinbart. Nun lautet die Formel „90 Cent pro Quadratmeter Nutzfläche“. In den meisten Fällen steigen dadurch die Wohnkosten an. Expert:innen gehen zusätzlich davon aus, dass es nicht bei 90 Cent bleiben, sondern auch dieser Wert noch angehoben wird. Die besagten Kosten, welche meist höher sind als die bisherigen Rücklagen und die auch im Falle eines Wohnungsverkaufs nicht rückerstattet werden, können sich auf die Immobilie allerdings insgesamt wertsteigernd auswirken, da Vorhaben – beispielsweise thermische Sanierungen im Zeichen des Klimaschutzes – die häufig an mangelnden finanziellen Rücklagen scheitern, umgesetzt werden können.
Wie auch immer man die Neuerungen des gerade angebrochenen Jahres 2022 gegenüberstehen mag, eines ist klar: Wer Verbesserung anstrebt, wäre wahnsinnig, so weiterzumachen wie bisher. So sollten wir Neues als Chance und nicht sofort als Bedrohung sehen – und wer weiß schon, wie die Situation 2023 aussehen wird.